Die häufigsten Mythen rund um Darmkrebs
Viele Menschen wollen gesünder leben und gesund bleiben. Sie fragen sich, wie sie sich am besten vor Krebs schützen können. Manche Mythen hindern Menschen jedoch daran, die richtigen Schritte zu unternehmen. Es ist also höchste Zeit, ein paar hartnäckige Mythen rund um das Thema Darmkrebs auszuräumen.
"Nur ältere Menschen sind betroffen"
Ein Beispiel für eine solche Fehleinschätzung ist die Annahme, nur alte Menschen seien von Darmkrebs betroffen. Dies ist falsch. Zwar nimmt das Risiko tatsächlich mit dem Alter zu, aber auch jüngere Menschen können erkranken, vor allem, wenn Darmkrebs in der Familie vorkommt.
Während die Zahl der Neuerkrankungen im mittleren Lebensalter deutlich ansteigt, treten erbliche Darmkrebserkrankungen in der Regel viel früher auf. Die beiden häufigsten erblichen Formen von Darmkrebs (HNPCC-Syndrom und familiäre adenomatöse Polyposis) machen zusammen 5 % aller Darmkrebsfälle aus und können in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter auftreten.
"Ohne Symptome – kein Krebs"
Ein weiterer weit verbreiteter Irrglaube ist die Annahme, dass man ohne Symptome keinen Darmkrebs haben kann. Es gibt aber keine zuverlässigen Frühsymptome, weshalb die Krankheit ohne Vorsorgeuntersuchung oft lange Zeit übersehen wird. In den allermeisten Fällen verläuft das Vor- und Frühstadium von Darmkrebs ohne Symptome.
Auch heute noch werden 70 bis 90 % aller Darmkrebsfälle erst dann diagnostiziert, wenn die Betroffenen Symptome entwickeln und der Tumor daher oft schon fortgeschritten ist. Durch eine höhere Bereitschaft zur Vorsorgeuntersuchung könnten diese Zahlen deutlich reduziert werden.
"Ein gesunder Lebensweise reicht als Schutz"
Manche Menschen sind auch davon überzeugt, dass eine gesunde Lebensweise ausreichenden Schutz bietet. Doch auch dies ist ein Irrglaube. Eine gesunde Lebensweise kann das Risiko verringern und sich positiv auf die allgemeine Gesundheit auswirken. Ausgeschlossen ist Darmkrebs damit jedoch nicht.
Was wirklich hilft – Risikofaktoren und Schutzmaßnahmen
Genetik und Zufallsmutationen
Die eigenen Gene können allein für den Ausbruch der Erkrankung verantwortlich sein. Bei den meisten Menschen sind es jedoch nicht bestimmte Gene, die die Krankheit auslösen, sondern das Zusammenspiel ihrer Gene erhöht oder verringert die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Laufe ihres Lebens an Darmkrebs erkranken.
Gene und Verhalten addieren sich und von beidem hängt es ab, ob die Krankheit ausbricht. Das bedeutet, dass das eigene Verhalten einen nicht unerheblichen Einfluss hat. Eine Person, die aufgrund ihrer genetischen Veranlagung ein höheres Erkrankungsrisiko hat, kann dieses durch einen gesunden Lebensstil positiv beeinflussen. Im Gegensatz dazu kann eine Person mit einem geringen genetischen Risiko unter Umständen einen ungesunden Lebensstil führen, ohne zu erkranken. Aber es gibt weitere Faktoren, die das Ganze noch komplexer machen.
Forscher gehen davon aus, dass ein großer Teil der Krebsfälle durch sogenannte Zufallsmutationen ausgelöst wird. In diesen Fällen entstehen rein zufällig DNA-Mutationen, die später zu Krebs führen. Umso wichtiger ist die Darmkrebsvorsorge, um den Krebs in einem frühen Stadium zu erkennen.
Ein weiterer Faktor, der Vorsorgeuntersuchungen so bedeutend macht, ist die Rolle anderer Vorerkrankungen. So können Krankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa das Darmkrebsrisiko ebenfalls erhöhen.
Diese Faktoren zeigen zum einen, dass ein gesunder Lebensstil allein nicht ausreicht, um sich vor Darmkrebs zu schützen. Andererseits machen sie die Rolle eines gesunden Verhaltens noch dringlicher. Denn wenn das Risiko schon erhöht ist, will man alle anderen Faktoren auf seiner Seite wissen. Und auch hier ist es wichtig, gut informiert zu sein.
Ernährung: Was schützt und was schadet
Beim Einkauf im Supermarkt kann man vieles richtig oder falsch machen, denn eine gesunde Ernährung hat etliche positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Beim Thema Darmkrebs ist die Studienlage jedoch nicht immer eindeutig: Oft gehörte Tipps wie ballaststoffreiche Ernährung, Gemüse, Obst, Fisch, Knoblauch und Kaffee sind zwar tendenziell positiv, aber in ihrem Darmkrebsschutz nicht ausreichend durch Studien belegt.
Ein Beispiel dafür ist die Zahl der Studien zum Kaffeekonsum und dem Darmkrebsrisiko. Es gibt eine große Anzahl von Beobachtungsstudien, die einen positiven Effekt für Kaffee zeigen. Dies konnte jedoch nicht in großen Studien bestätigt werden. Es bleibt daher unklar, wie gesund Kaffee für den Darm ist. Ungesund ist er aber wahrscheinlich nicht.
Rotes und verarbeitetes Fleisch hat nachweislich einen negativen Einfluss auf das Darmkrebsrisiko. Studien weisen auf ein erhöhtes Darmkrebsrisiko vor allem bei verarbeitetem Fleisch hin. Für unverarbeitetes rotes Fleisch wird das Risiko als wahrscheinlich angesehen. Wer beim nächsten Grillen auf Rind, Lamm, Schwein und Co. verzichtet, tut sich langfristig einen echten Gefallen.
Alkohol – entlarvte Gesundheitsmythen
Auch bei Alkohol ist die neuere Forschung für alle Spirituosenliebhaber eher ernüchternd. Gar kein Alkohol ist demnach besser als wenig – sowohl für Darmkrebs als auch für andere Krankheiten. Einer der größten Mythen hält sich seit Jahrzehnten hartnäckig: Ein Glas Rotwein am Tag ist gesund. Doch dies stimmt so wohl nicht.
In den damaligen Studien war es schwierig, Menschen als Vergleichsgruppe zu finden, die überhaupt keinen Alkohol konsumierten. Deshalb wurden Menschen mit mäßigem Konsum mit ehemaligen, jetzt trockenen Alkoholikern verglichen. Und diese waren - wenig überraschend - ungesünder. Der Mythos war geboren.
Wer auf Alkohol nicht ganz verzichten möchte, kann sich an die Empfehlungen der WHO halten. Nach diesen Empfehlungen beginnt die riskante Menge an Alkohol bei 24 Gramm pro Tag für Männer und 12 Gramm pro Tag für Frauen. Bei Frauen entspricht dies mehr als 0,1 Liter Wein oder Sekt, mehr als 0,25 Liter Bier oder 4 Zentiliter Schnaps pro Tag. Bei Männern ist es die doppelte Menge. Das macht Alkohol zumindest in diesen kleinen Mengen nicht allzu ungesund. Aber es gilt trotzdem: auch geringe Mengen Alkohol erhöhen das Krebsrisiko.
Bewegung, Gewicht und Rauchen
Regelmäßige Bewegung ist ein weiterer wichtiger Faktor, den man selbst in der Hand hat. Wie viel Sport und Bewegung zu einer signifikanten Verringerung von Darmkrebs führen, lässt sich aufgrund aktueller Studien nicht genau sagen. Aber generell senkt mehr Bewegung das Risiko. Eine große Meta-Analyse aus 21 Studien ergab eine gut 25-prozentige Risikoreduktion zwischen den aktivsten und den inaktivsten Studienteilnehmern. Der Mechanismus, wie Bewegung den Darm genau schützt, ist noch unbekannt.
Für jeden Einzelnen bedeutet das, jede Minute Bewegung ist gut. Darüber hinaus wirkt sich regelmäßige Bewegung positiv auf die psychische Gesundheit, alle Herz-Kreislauf-Erkrankungen, viele andere Krebserkrankungen und eventuell bestehendes Übergewicht aus.
Letzteres kann bei der Darmkrebsentstehung ebenfalls eine Rolle spielen. In Studien hatte starkes Übergewicht die größten Auswirkungen, wenn die Gewichtszunahme zwischen frühem Erwachsenenalter und Lebensmitte erfolgte. Aber auch Gewichtszunahmen zu einem späteren Zeitpunkt wirken sich nachweislich ungünstig aus. Je größer die Gewichtszunahme, desto größer sind die negativen Auswirkungen. Es kann sich also lohnen, bei Übergewicht ein paar Pfunde abzunehmen. Jedes Pfund zählt.
Und nicht zuletzt zählt Rauchen zu den wichtigsten vermeidbaren Risikofaktoren für die Entstehung von Darmkrebs. Tabakkonsum macht sowohl die Entstehung von Darmpolypen – also Krebsvorstufen – wahrscheinlicher, erhöht das Risiko für die Zellen zu entarten und steigert zudem die Gefahr, an Darmkrebs zu sterben. Und wer es nicht schafft, komplett mit dem Rauchen aufzuhören, mindert das Risiko dadurch weniger zu rauchen.
Viele dieser beschriebenen Maßnahmen sind überaus hilfreich. Dennoch sind sie kein Ersatz für eine Vorsorge.
Vorsorge rettet Leben
Blut-im-Stuhl Test und Koloskopie
Ab dem 50. Lebensjahr hat jeder Versicherte in Deutschland Anspruch auf regelmäßige Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs. Die Kosten werden von den gesetzlichen wie auch von den privaten Krankenkassen übernommen. Man kann zwischen zwei Methoden wählen: die Darmspiegelung und der Stuhl-Test auf unsichtbares Blut (FIT = Fäkaler Immunchemischer Test).
Beim Blut-im-Stuhl-Test wird anhand einer kleinen Stuhlprobe mit einem Teststreifen ermittelt, ob Spuren von Blut im Stuhlgang vorhanden sind. Darmtumore bluten mehr als eine gesunde Darmschleimhaut. Diese Stuhl-Tests weisen auch kleinste Blutmengen im Stuhl nach, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind. Da es sich dabei um keinen Eingriff handelt, ist der Test für manche attraktiver als die Darmspiegelung. Alle zwei Jahre kann so ein Test vorgenommen werden.
Die Darmspiegelung ist etwas aufwendiger: Wurde der Darm mit Abführmitteln und eintägigem Verzicht auf feste Nahrung auf die Untersuchung vorbereitet, kann mit einem langen, biegsamen Schlauch (Koloskop) der gesamte Dickdarm inspiziert werden. Polypen können bei der Untersuchung sofort entfernt oder eine Gewebeprobe für das Labor entnommen werden. Bei einer Darmspiegelung kann die Ärztin oder der Arzt sogar Krebsvorstufen entfernen, bevor sie sich zu einem Tumor entwickeln.
Aber bleibt die Darmspiegelung für manche als Vorsorge unersetzbar? Das muss von Fall zu Fall entschieden werden, da die Familienanamnese und eigene Vorerkrankungen mit in die Entscheidung einfließen sollten, ob ein Stuhl-Test reicht oder eine Darmspiegelung vorzuziehen ist.
Neue Studien
Im Juni 2025 wurden die Ergebnisse der COLONPREV-Studie veröffentlicht, die beide Methoden miteinander verglich: der Stuhl-Test ist der Koloskopie in Bezug auf das Sterberisiko bei Darmkrebs nicht unterlegen. D.h. das Risiko trotz Vorsorge an Darmkrebs zu sterben war bei beiden Vorsorgemethoden nahezu identisch groß.
In der NordICC-Studie wurde untersucht, welchen Vorsorgewert die Darmspiegelung im Vergleich dazu hat, keine Vorsorge zu treffen. Das 2024 veröffentlichte Ergebnis ist eindeutig: Das Risiko für Darmkrebs wurde durch die Vorsorge um etwa 50% gesenkt.
Wenn Darmkrebs in einem frühen Stadium erkannt wird, sind die Heilungsaussichten gut. Deshalb können Vorsorgeuntersuchungen Leben retten.
Fazit: Lebensstil verbessern – aber Vorsorge nicht vergessen
Einige Mythen konnten also schon ausgeräumt werden, sodass wir nun wissen: Darmkrebs betrifft auch jüngere Menschen. Man kann sich nicht allein auf die Symptome zur Krankheitserkennung verlassen. Eine gute Lebensweise bringt wichtige Vorteile, aber dennoch keinen hundertprozentigen Schutz.
Daher ist es enorm wichtig, Darmkrebs so früh wie möglich zu erkennen. Handelt es sich um Darmpolypen – also mögliche Krebsvorstufen, können diese noch leicht beseitigt werden.
Vorbeugung und Früherkennung gehen Hand in Hand: Mit einem gesunden Lebensstil können Sie das Risiko effektiv verringern, während regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen die Früherkennung möglich machen.
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