Großer Datenpool bisher kaum genutzt
Ganz egal ob im Krankenhaus, beim Hausarzt oder unterwegs: Gesundheitsdaten entstehen heutzutage überall und rund um die Uhr. Denn mehr und mehr Menschen nutzen Gesundheits-Apps, Smartwatches und andere Wearables in ihrer Freizeit. So stellen sie neben Befunden und Akteneinträgen von Ärzten wichtige Quellen der Datenerhebung dar [1].
Daten von Smartwatches und Gesundheits-Apps
Laut Accenture Consulting – einem der weltweit größten Unternehmen für Managementberatung und Technologiedienstleistungen – nutzte im Jahr 2018 bereits jeder dritte US-Amerikaner Wearables wie die Apple Watch oder Android-Smartwatches. Diese erfassen beispielsweise Vital- und Bewegungsdaten wie Puls und Herzschlag und zählen die täglich gegangenen Schritte. Die dazugehörigen Apps liefern erste Analysen der gemessenen Werte und Daten. Diese dienen zwar nicht als medizinischer Gradmesser, aber als Indiz für die persönliche Fitness. Die zugrundeliegende Software solcher Apps kann Muster und Abweichungen von der Norm erkennen und so Aufschluss über gesundheitliche Probleme geben. Werden die langfristig gesammelten Daten beispielsweise in eine elektronische Gesundheitsakte aufgenommen, können sie ausgewertet werden. Diese Gesundheitsinformationen sind nicht nur unmittelbar für den Träger einer Smartwatch oder anderer Wearables, sondern im weiteren Kontext auch für die Forschung von großem Nutzen. Bisher ist jedoch noch nicht ins kollektive Bewusstsein vorgedrungen, wie wertvoll das zur Verfügung Stellen von Gesundheitsdaten ist, die von den Armband-Computern erfasst werden. Viele Menschen verfügen dank der modernen Technologien schon jetzt über einen Schatz an Informationen, die täglich nebenbei erfasst werden. Die Auswertung einer Forsa-Studie von 2019 zeigt jedoch, dass in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Datenspende für medizinische Forschungszwecke vorhanden ist [2].Hohe Bereitschaft zur „Data Donation” in den USA
In den Vereinigten Staaten von Amerika wirken verschiedene Akteure aus der Medizin schon länger daran, die Bereitschaft der Menschen im Hinblick auf Datenspenden zu fördern. Offenbar mit Erfolg: Denn eine 2014 in den USA durchgeführte Studie zeigt, dass 94 % der befragten Personen ihre Gesundheitsdaten zur Verfügung stellen würden, um die Wissenschaft zu unterstützen [3]. Mithilfe ihrer Daten dazu beizutragen, dass Krankheiten schneller geheilt werden können, ist ganz im Sinne der Befragten. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die gespendeten Daten anonym bleiben. Dabei ist die Anonymität jedoch nicht der alleinige Faktor. Auch ein transparentes Vorgehen bei der Verwendung gespendeter Daten sowie detaillierte Informationen über die unterschiedlichen Varianten der Datenspende sind entscheidend.Wie steht die deutsche Bevölkerung zur Datenspende?
Laut aktueller Studien sind auch Deutsche zunehmend bereit, ihre Daten zu spenden. Fast 80 % der Bevölkerung würden einer Spende ihrer Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken zustimmen. Die TMF - Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung - hatte in diesem Zusammenhang eine Umfrage bei Forsa in Auftrag gegeben, an der mehr als 1000 Personen über 18 Jahren teilnahmen [4].Das Ergebnis der Umfrage vom Sommer 2019 im Überblick:- 79 % der Befragten sind damit einverstanden, ihre Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung zu spenden.
- 97 % würden öffentliche Forschung mit ihren Daten unterstützen. 17 % würden diese an Wissenschaftler aus der Industrie und aus privaten Unternehmen weitergeben.
- 73 % stimmen einer langfristigen Datennutzung nach der Datenspende zu (56 % zeitlich unbegrenzt und 17 % für die nächsten fünf Jahre).
Datenspende für Corona-Forschung
Laut einer repräsentativen Umfrage von Data4Life – mit 5002 Teilnehmern im April 2020 in Deutschland – sind fast zwei Drittel (65 %) aller Befragten bereit, ihre Gesundheitsdaten (Puls, Fieber, Vorerkrankungen) und Bewegungsdaten (Standort, Abstandsmessung) der COVID-19-Forschung zu spenden. Mehr als drei Viertel (77 %) derjenigen, die ihre Daten zur Verfügung stellen würden, wären dadurch motiviert, mit Ihrer Datenspende zur Eindämmung des Coronavirus beizutragen. Knapp zwei Drittel (65 %) erhoffen sich eine beschleunigte COVID-19-Impfstoff-Entwicklung. Die Spendenmotivation für die Lockerung des COVID-19-Lockdowns ist bei den Befragten deutlich geringer. Hierfür würden lediglich 26 % aller Befragten ihre Daten zur Verfügung stellen.Im Zuge der Pandemie wurden eine Vielzahl an Apps entwickelt, die bei der Eindämmung und Erforschung des Coronavirus einen Beitrag leisten sollten. Die Apps haben dabei teils komplett unterschiedliche Ansatzpunkte und Ziele.
Gründe für Datenspende
Auch der Deutsche Ethikrat befasst sich mit dem Thema Gesundheitsdaten im Rahmen einer fortschreitenden Digitalisierung und versucht die Ursachen für Vorbehalte zu identifizieren. Das 26-köpfige Gremium geht davon aus, dass die Entwicklungen im Bereich Big Data in der Medizin große Chancen mit sich bringen [5]. Dazu zählen beispielsweise eine verbesserte Diagnostik, fortgeschrittene Therapieoptionen und nicht zuletzt die Möglichkeit für jeden Einzelnen, im Sinne der eigenen Gesundheit aktiv zu werden und gezielt Erfolge zu bewirken. Die Beweggründe zur Datenspende steigen, je mehr Verständnis über den Nutzen einer Spende – für sich selbst und für andere – vorliegt [6].Auch wenn Diagnosen und Behandlungen immer personalisiert erfolgen, bieten die medizinischen Daten einen großen Nutzen für die Allgemeinheit. Aus ihnen lassen sich allgemeine Rückschlüsse über Krankheitsbilder ziehen, statistische Häufungen erkennen und so Heilmethoden ableiten. Zudem hängt die Verbesserung der Gesundheit in der ganzen Bevölkerung damit zusammen, wie aktiv sich jeder Einzelne einbringt und kümmert.Herausforderungen von Datenspende
Eine der größten Herausforderungen im Bezug auf Datenspende ist, dass darüber noch nicht sonderlich viel bekannt ist in der deutschen Bevölkerung. Wie die zuvor genannte Forsa-Umfrage zeigt, besteht bei Menschen durchaus die Bereitschaft, ihre Daten zu spenden, wenn sie mit dem Thema in Kontakt kommen.Darüber hinaus setzt die Herausgabe persönlicher und sensibler Gesundheitsdaten ein hohes Maß an Vertrauen voraus. Im Hinblick auf digitale, vernetzte Systeme ist die Vertrauensbasis der Menschen in den letzten Jahren aufgrund von Datenschutzverstößen – beispielsweise durch soziale Netzwerke – immer wieder belastet worden. Bei dem Ziel, möglichst viele Menschen zu einer Datenspende zu bewegen, gilt ein vertrauenswürdiges Vorgehen als oberste Prämisse.Dazu zählt unter anderem die rechtliche und technische Absicherung, dass Daten nicht an Unbefugte weitergegeben werden. Patienten die Entscheidungshoheit darüber zu überlassen, wem sie wann und wie lange Zugang zu ihren Daten gewähren, ist ein weiterer Faktor, der das Vertrauen stärkt.Akteure im Bereich Datenspende stehen in den kommenden Jahren vor allem vor der Herausforderung, das Thema bekannter zu machen und das Vertrauen der Menschen zu stärken. Dabei sind ein hinreichender Datenschutz und ein ethisch vertretbares Vorgehen entscheidend:
Die Inhalte dieses Artikels geben den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch kann der Artikel keine medizinische Beratung und Diagnose ersetzen. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Allgemeinarzt.
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