1. Definition von Public Health
Der Begriff „Public Health” wurde bereits auf verschiedenste Weise definiert. Wesentliche Schwierigkeiten bei der genauen Festlegung der Definition entstanden durch die viel diskutierten Fragen [1]:
- Was genau sind die Grenzen von Public Health?
- Wie steht Public Health in Bezug zur medizinischen Versorgung, sozialen Sicherungssystemen sowie Arbeitsschutzmaßnahmen?
- Welche wirtschaftlichen und sozialen Variablen (wie z.B. Einkommen oder Wohnsituation) sollten bei Fragen der Public Health berücksichtigt werden?
Dementsprechend unterscheiden sich viele Definitionen darin, welche Unterpunkte sie explizit erwähnen oder eben auslassen [1-3].
Eine Gemeinsamkeit aller Definitionen ist jedoch der Aspekt, dass sich die Definition an den Zielen von Public Health – nämlich der Vorbeugung von Krankheiten und der Verbesserung von Gesundheit – orientiert [1, 4, 7].
Eine simple Definition, die keineswegs den Anspruch erhebt, die einzig wahre zu sein, wäre zum Beispiel [1]:
„Public Health umfasst sämtliche kollektiven Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung.”
Um sich zu verdeutlichen, welche Bereiche und Unterpunkte all dies beinhalten kann, hilft der Blick auf die Aufgaben von Public Health [3].
2. Die Aufgaben von Public Health
Da es keine in Stein gemeißelte Definition von Public Health und der Grenzen dieses Forschungsfeldes gibt, wird auch der Aufgabenbereich von Fachleuten unterschiedlich weit ausgelegt. Grundlegende Prinzipien sind jedoch [1-3, 5]:
- die Betonung der kollektiven Verantwortung für die Gesundheit und der vorrangigen Rolle des Staates beim Schutz und bei der Förderung der Gesundheit der Bevölkerung→ Wegen des Ausmaßes der Herausforderungen sollte der Staat – neben zahlreichen Institutionen – somit wesentlicher Treiber sein.
- die Konzentration auf ganze Bevölkerungsgruppen→ Anders als bei einem Arztbesuch geht es hier also weniger ums Individuum und mehr um die Gesellschaft als Ganzes. Am Ende profitieren alle von den Maßnahmen.
- die Betonung der Prävention, insbesondere der sogenannten Primärprävention→ Weit effektiver als die Behandlung von bestehenden Erkrankungen ist ihre Vorbeugung. Bei der primären Prävention soll das Neuauftreten einer Krankheit verhindert werden. Beispiele sind Impfungen und Lifestyle-Maßnahmen wie Raucherentwöhnung.
- die Berücksichtigung der zugrunde liegenden sozioökonomischen Determinanten von Gesundheit und Krankheit sowie der näheren Risikofaktoren→ Um Krankheiten effektiv vorbeugen zu können, ist es elementar zu verstehen, welche Lebensumstände Krankheit auslösen – und wie stark ihr Effekt ist.
- eine multidisziplinäre Grundlage, die gegebenenfalls quantitative und qualitative Methoden einbezieht→ Da das Forschungsfeld so groß ist und nahezu alle Lebensbereiche einbeziehen kann, gibt es nicht „den einen Spezialisten für alles”. Vielmehr braucht es stets den engen Austausch zwischen verschiedenen Fachrichtungen und das Hinzuziehen verschiedenster Studientypen.
- eine Partnerschaft mit den jeweiligen Bevölkerungsgruppen→ Gute Forschung funktioniert nicht einseitig. Um die Auslöser und Determinanten von Gesundheit wirklich verstehen zu können, braucht es daher gute Kommunikation mit allen Beteiligten – auch der Bevölkerung selbst.
Eine praktische Übersicht zu all den verschiedenen Aspekten, die mit dem Forschungsfeld der Public Health einhergehen, bietet folgende Abbildung:
3. Public Health – Ziele
Die beiden übergeordneten Ziele von Public Health sind die Vorbeugung von Krankheiten und die Verbesserung von Gesundheit. Da diese jedoch relativ allgemein sind, braucht es zahlreiche untergeordnete Ziele, um die Hauptziele zu erreichen [1, 4, 7].
Hierzu zählen [1, 6]:
- das Monitoring des Gesundheitszustands zur Ermittlung von Gesundheitsproblemen in der Bevölkerung→ Nur wenn engmaschig nachvollzogen wird, welche Krankheiten in welcher Häufigkeit und Ausprägung in der Bevölkerung vorliegen, kann ein Problemverständnis mit der Ausarbeitung von passenden Lösungsstrategien gelingen. Das Ziel, als Land über hochwertige Krebsregister zu verfügen, wäre hierfür ein Beispiel.
- Diagnose und Untersuchung von Erkrankungen und Gesundheitsrisiken in der Gesellschaft→ In diesem Punkt zeigt sich, wie eng der Bereich Public Health mit der täglichen Arbeit von Ärzt:innen verzahnt ist. Denn nur wenn Erkrankungen standardisiert diagnostiziert werden, kann man auf die Fallzahlen in der Bevölkerung am Ende vertrauen. Ein Ziel wäre hier also die Gewährleistung einer guten Gesundheitsversorgung in allen Regionen des Landes.→ In diesem Punkt zeigt sich, wie eng der Bereich Public Health mit der täglichen Arbeit von Ärzt:innen verzahnt ist. Denn nur wenn Erkrankungen standardisiert diagnostiziert werden, kann man auf die Fallzahlen in der Bevölkerung am Ende vertrauen. Ein Ziel wäre hier also die Gewährleistung einer guten Gesundheitsversorgung in allen Regionen des Landes.
- die Menschen über Gesundheitsfragen zu informieren, aufzuklären und zu befähigen→ Dies ist das große Feld der Gesundheitskommunikation. Und auch hier gibt es nicht eine verantwortliche Berufsgruppe. Ärzt:innen, Wissenschaftler:innen, Journalist:innen und viele mehr können hier eine entscheidende Rolle spielen. Dies zu fördern ist ein wichtiges Ziel.
- Mobilisierung von Partnerschaften in der Gemeinschaft zur Ermittlung und Lösung von Gesundheitsproblemen→ Um von allen Informationsflüssen und Erkenntnissen zu profitieren, ist der gegenseitige Austausch aller Player unverzichtbar. Ein wichtiges Ziel.
- Entwicklung von Strategien und Plänen zur Unterstützung der individuellen und gemeinschaftlichen Gesundheitsbemühungen→ Selbst wenn bestimmte Erkenntnisse über Krankheitsrisiken gewonnen wurden, müssen diese immer noch in die Praxis umgesetzt werden und so die Einzelperson erreichen.
- Durchsetzung von Gesetzen und Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und zur Gewährleistung der Sicherheit→ Bestimmte Bereiche haben eine solch große Tragweite bei gleichzeitigem Missbrauchspotenzial, dass hier staatlich durchgegriffen werden muss. Mindeststandards bei der Trinkwasserqualität wären hierfür ein Beispiel.
- Menschen mit den erforderlichen persönlichen Gesundheitsdiensten in Verbindung bringen und die Bereitstellung von Gesundheitsdiensten sicherstellen, wenn diese sonst nicht verfügbar sind→ Selbst wenn es bestimmte Gesundheitsdienste – wie beispielsweise Sexualkliniken oder Familienberatungsstellen – gibt, hilft es wenig, wenn die relevanten Bevölkerungsgruppen darüber nicht informiert sind.
- Sicherstellung eines kompetenten Personals im öffentlichen Gesundheitswesen→ Selbst das Fachpersonal braucht hin und wieder Weiterbildungen. Dies sicherzustellen, ist ein wichtiges Ziel.
- Bewertung der Wirksamkeit, Zugänglichkeit und Qualität von persönlichen und bevölkerungsbezogenen Gesundheitsdiensten→ Auch hier gilt es, systematisch und regelmäßig die Qualitätsstandards aller Anbieter zu überprüfen.
- Forschung nach neuen Erkenntnissen und innovativen Lösungen für Gesundheitsprobleme→ Wissenschaflter:innen verschiedener Fachgebiete kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es darum geht, Public Health voranzutreiben. Moderne Forschung ist dabei als Ziel unverzichtbar.
Es ist nicht schwer, sich auszumalen, dass alle eben genannten Ziele wiederum zahlreiche untergeordnete Ziele haben. Dies verdeutlicht den immensen Umfang des Forschungsfeldes Public Health.
3.1. Public Health ist Global Health
All die eben genannten Ziele erfordern große Anstrengungen und einen erheblichen finanziellen Aufwand. Um wirklich allen Menschen eine bessere Gesundheit zu ermöglichen ist es daher entscheidend, global zu denken [1].
Denn gerade ärmere Länder haben häufig mit noch grundsätzlicheren Herausforderungen zu tun. Daher sollten global gesehen unbedingt noch weitere Ziele benannt werden [1]:
- eine bessere Erfassung von Gesundheitsstatistiken gewährleisten→ Dies ist prinzipiell auch in ärmeren Ländern möglich, wird jedoch häufig aus politischen Gründen gefährdet.
- politischen Konsens über die hohe Priorität von Bildung und Gesundheitsdiensten erreichen→ Global gesehen ist dies keineswegs selbstverständlich und muss daher immer wieder vorangetrieben werden.
- weibliche Autonomie ermöglichen→ Auch hier bestehen weltweit große Ungleichheiten. Natürlich ist die bestmögliche Gesundheit jedoch nur erreichbar, wenn alle Menschen freie und unabhängige Entscheidungen treffen können.
- eine angemessene Ernährung garantieren→ Was in wohlhabenden Ländern zur Normalität zählt, ist für viele Menschen weltweit immer noch existenzielles Problem. Für eine gute Gesundheit ist es unverzichtbar.
- effiziente und zugängliche Gesundheitsdienste, einschließlich präventiver Dienste schaffen→ Auch dies ist eine immense Herausforderung. Die Ärzt:innen- und Klinikdichte ist in ärmeren Ländern deutlich erniedrigt. Gute medizinische Versorgung für viele Menschen nicht bezahlbar.
All dies sind gute Gründe, weswegen Public Health deutlich „größer gedacht” werden kann, als sich nur um individuelle Krankheitsrisiken und bestimmte Hochrisikogruppen innerhalb einer Bevölkerung zu kümmern. Dies macht das Feld jedoch deutlich komplexer [1].
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